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  • Miri

NPL - Etappe 8: Sulitjelma bis Abisko (Nordkalottleden, Padjelantaleden & Kungsleden)

Aktualisiert: 12. März

Nach zwei schönen und erholsamen Pausentagen in Fauske ging’s dann vormittags mit dem Bus zurück nach Sulitjelma. Dort holte ich noch mein Paket mit ein paar neuen Schuhen ab.


Während wir im Supermarkt noch kurz frühstückten, wurden wir immer wieder von Einheimischen angesprochen. Einmal waren es sogar vier auf einmal. Sie wollten alles über unsere Wanderung wissen und wir waren fast ein bisschen überfordert mit so vielen Fragen. Ein älterer Mann setzte sich dann zu uns und erzählte, dass es schön ist, dass jetzt wieder so viele Wanderer unterwegs sind. Die zwei Corona-Jahre wäre es sehr still hier in Sulitjelma gewesen. Dann erzählte er uns noch von einem Unfall mit Hubschraubereinsatz, der vor ein paar Tagen bei einer Flussquerung hier passiert war. Von dem Fluss hatten wir schon bei anderen gelesen und ziemlich Respekt vor der Furt. Diese Geschichte machte es nicht besser.


Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen. Als dann noch ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke brachen, war das unser Startschuss. Von Sulitjelma aus ging es dann erstmal 500 Höhenmeter hoch zur Ny-Sulitjelma-Fjellstue. Dort machten wir dann Mittagspause bevor wir uns an die nächsten 600 Höhenmeter machten.


Je höher wir kamen, desto kälter wurde es und auch der Wind wurde mit jedem Höhenmeter stärker. Die Aussicht von dort oben war aber gigantisch. Wir konnten zurück blicken bis zu den hohen Bergen, von denen wir vor ein paar Tagen nach Sulitjelma abgestiegen waren. Die Landschaft hier oben war karg und steinig und sah mit dem

Lichtspiel in den Wolken irgendwie dramatisch aus.





Nach ein paar Kilometern erreichten wir den Storelvvatnan und mussten einen zufließenden Fluss queren. Genau da erwischte uns ein Starkregenschauer.



Der Wind bließ die Regenwolken aber bald weiter und es zog wieder auf. Von oben sah der See wunderschön aus, wie er von der Sonne angestrahlt in einem kräftigen türkis zwischen grünen Hügeln lag.





Als wir über einen kleinen Pass drüber waren, ging es wieder etwas bergab. Auf der anderen Seite lag ein weiterer Bergsee im Schatten der Wolken. So dunkelblau und kühl strahlte er eine ganz andere Stimmung aus als der vorher.



Dann ging es nochmal kurz bergauf, bevor der Weg dann über viele vereiste Schneefelder und Geröll wieder abwärts führte.


Kurz vor der Sorjushytta fanden wir dann eine gute ebene Fläche für unser Zelt. Es war noch komplett nass von letzter Nacht. Innen wischte ich kurz mit einem Handtuch raus. Außen würde es heute Nacht sowieso wieder nass werden.






In der Nacht hatte der Wind extrem zugenommen und unser Zelt wurde von kräftigen Sturmböen durchgerüttelt. An Schlafen war da nicht viel zu denken. Trotz guter Abspannung bog sich das Gestänge regelmäßig durch und wir hatten Angst, dass es brechen könnte. Immer wieder hielten wir es von innen fest. Die Regentropfen schleuderte es mit jeder Windböe mit voller Wucht gegen die Plane, was einen ohrenbetäubenden Lärm verursachte.


Um 4:00 Uhr beschlossen wir, dem Zelt einfach zu vertrauen, um zumindest noch zwei Stunden Schlaf zu bekommen. Das klappte aber eher mäßig.


Das Zelt in dem Wind abzubauen, war dann eine ziemliche Herausforderung. Es war so kalt, dass wir schon nach wenigen Sekunden unsere Finger nicht mehr spürten.


Wir brachten die kurze Strecke zur Hütte schnell hinter uns. Nach ein paar weiteren Schneefeldern standen wir dann endlich davor. Sie hatte eine wunderschöne Lage direkt am Ufer des milchig-türkisen Sårjåsjávvre.




Von innen war sie mega gemütlich. Wir wurden von einem Spanier begrüßt, der uns auch gleich Teewasser aufsetzte, als er sah wie erfroren wir waren. Er war in die entgegengesetzte Richtung unterwegs und so konnten wir gegenseitig ein paar Tipps und Erfahrungen zu den Wegen austauschen.


Wir heizten den Ofen ein und kochten uns Kokos-Couscous zum Frühstück.

Draußen war es richtig ungemütlich. Die ganze Hütte wackelte bei den Windböen.




Es fiel uns richtig schwer, die Hütte wieder zu verlassen und weiter zu gehen.


Wir mussten noch über ein ziemlich steiles Schneefeld, das direkt im See endete. Ausrutschen würde also ziemlich kalt werden.



Nach 6 Kilometern standen wir dann vor besagtem Fluss. Es hätte eigentlich eine Brücke gegeben, aber die war kaputt. Der Fluss war riesig. Von dort wo wir standen, konnten wir das gegenüber liegende Ufer nur erahnen. Wir konnten uns schnell auf eine geeignete Furtstelle einigen, zogen unsere Schuhe aus und die Neoprensocken an und krempelten die Hose so hoch wie möglich.


Allein der erste der fünf Flussarme war 30m breit. Das Wasser ging uns anfangs bis zu den Oberschenkeln und war eisalt. Schon nach 5 Metern gaben die Neoprensocken auf und auch unsere Unterschenkel brannten vor Kälte, so dass es uns schwer fiel, uns noch auf die Schritte zu konzentrieren. Die Steine im Wasser waren ziemlich rutschig. Die übrigen vier Flussarme waren dann noch etwa knietief und ebenfalls 20-30m breit. Es regnete und stürmte immer noch.



Als wir endlich das andere Ufer erreichten, waren wir dermaßen ausgekühlt und fertig mit der Welt, dass wir trotz Regen eine kurze Pause brauchten. Über dem Gaskocher versuchten wir unsere Hände und Füße wieder aufzutauen. Dann rafften wir uns auf und liefen weiter.


Kurz darauf erreichten wir die Landesgrenze und durch einen Regenbogen hindurch wanderten wir nach Schweden. Der weitere Weg führte über weiten Sumpf und mit Wasser vollgesaugte Moosflächen. Bei jedem Schritt standen wir knöcheltief im Wasser oder Sumpf.



Als endlich die Sårjåsjaurestugan, eine kleine Schutzhütte, in Sicht kam, war schnell klar, dass wir heute nicht mehr weiter gehen. Sie war wirklich traumhaft am Ostende des Sees gelegen - sogar mit kleinem Stand.






Es gab zwei winzige Räume mit je vier Betten. In der Ecke stand ein kleiner Holzofen. Nur leider gab es nirgends Feuerholz und so war es drinnen auch nicht wärmer als draußen. Ohne Ofen würden unsere ganzen Sachen niemals trocknen. Wir waren ziemlich geknickt. Aber immerhin waren wir vor den Sturmböen geschützt. Wir plauderten noch kurz mit einen Holländer, der den zweiten Raum belegte. Dann holten wir unsere Schlafsäcke raus und schälten uns aus den nassen Klamotten.


Mit einer dampfenden Tasse Tee in der Hand wurde uns dann langsam wärmer. Draußen vor dem Fenster liefen ein paar Rentiere vorbei. Im anderen Raum fanden wir noch eine Kerze und so machten wir es uns nach dem Abendessen noch mit zwei heißen Schokoladen gemütlich.






Als wir am nächsten Morgen aufwachten, war es immer noch eisig kalt. Aber es schien, dass zumindest der Wind nachgelassen hatte. Während wir noch in unseren Schlafsäcken frühstückten, klopfte der Holländer um sich zu verabschieden. Er fragte uns scherzend, ob wir es auch geschafft hätten, nicht zu erfrieren über Nacht.


Als wir uns dann überwunden hatten, die nassen Klamotten wieder anzuziehen, folgten wir weiter dem Nordkalottleden. Etwas erhöht ging es immer parallel zu einem Tal entlang, durch das sich der Sårjåsjåhkå schlängelte. Die Landschaft war grün und weitläufig.





Mittags erreichten wir die von Samen geführte Stáddajåhka-Hütte und machten bei leichtem Nieselregen kurz Pause auf einer Bank.






Als wir weiter gingen, hatte sich der Niesel wieder in stärkeren Regen verwandelt. Wir liefen weiter durch das endlose grüne Tal, bis wir den Virihaure-See erreichten. Dort schlugen wir dann das Zelt auf.




Das Zelt war wieder einmal nass und durch den Sturm der vorletzten Nacht hing so viel Dreck an den Planen, dass erstmal Putzen angesagt war.


Beim Zeltaufbau haben wir nach den vielen Nächten eine richtige Routine entwickelt. Das könnten wir inzwischen auch blind. Sobald das Zelt steht, kümmert sich Flo dann ums Abspannen, während ich es dann von innen trocken wischte, bevor ich unsere Isomatten aufblies und es uns gemütlich machte. Dann kümmerte ich mich meistens ums Aussortieren und Speichern der Fotos und schrieb kurz einen Tagebucheintrag, während Flo uns Abendessen kochte. Danach schauten wir meist anhand unserer Karten die morgige Etappe durch. Den restlichen Abend verbrachten wir oft mit Musik oder Hörbuch hören, immer noch hungrig zu sein und uns das auch im Minutentakt mitzuteilen und wenn wir Glück haben, gab’s noch eine der streng rationierten Tafeln Schokolade. Da wir aber gestern schon eine hatten, zählte heute leider nicht zu diesen glücklichen Tagen.



Am nächsten Morgen regnete es schon wieder und wir mussten das Zelt wieder nass einpacken. Langsam müffelte es schon nach nassem Stoff. Wir gingen noch die restlichen Meter zum Sami-Hüttendorf Stáloluokta. Der Wegweiser mit seinen vielen Schildern war fast ein bisschen übertrieben für die paar Hütten ;)



Wir suchten den Kiosk und nahmen noch ein Knäckebrot für Mittag und zwei Snickers für die Morgenmotivation mit. Ab hier waren wir auf dem Padjelantaleden unterwegs.



Dann ging es direkt in den nächsten Anstieg. Wir liefen wieder durch weitläufige, grüne Fjelllandschaft. Über viele Passagen waren Holzbretter ausgelegt. Doch da auch die Wege dazwischen durch den Regen ziemlich matschig waren, blieb unsere Kleidung trotzdem nicht verschont.






Vom höchsten Punkt aus hatten wir dann eine tolle Aussicht über den großen Virihaure-See unter uns und einige schneebedeckte Berge im Hintergrund. Dicke schwere Regenwolken hingen über dieser schönen Landschaft und weiter vorne kündigte ein weißer Schleier schon den nächsten Schauer an.




Bald standen wir auch schon vor der Árasluokta. Da es immer noch regnete und ziemlich kalt war, verlegten wir unsere Mittagspause in eine der kleinen Hütten. Für so einen Tagesbesuch zahlte man knapp 20 Euro! Statt eines Holzofens gab es Gasheizungen in diesen Hütten. Es gab auch eine kleine Trockenkammer, die bei unseren vielen seit Tagen nassen Sachen allein schon die 20€ Wert war.





Nach anderthalb Stunden machten wir uns wieder auf den Weg, der direkt mit einem Anstieg begann. Noch lange hatten wir eine tolle Aussicht auf den See. Weit und breit waren keine anderen Wanderer zu sehen. Nur ein paar Rentiere kreuzten unseren Weg.




An einem kleinen Bach fanden wir dann wieder eine schöne Stelle für unser Zelt. Die Katzenwäsche im Bach kostete bei nur 6 Grad ziemlich Überwindung.


Während wir mit einer Tüte Trekkingessen in unseren Schlafsäcken saßen, bewunderten wir aus dem Zelt heraus die schöne Aussicht auf das Tal unter uns. Das Gefühl mit einem kleinen Zelt mitten in dieser weiten, einsamen Wildnis zu schlafen, ist schwer in Worte zu fassen. Wo all das, was in unserem normalen Leben wichtig ist, keine Bedeutung hat und es wieder um die ursprünglichen Dinge des Lebens geht. Diese Stille und Weite lösen ein unbeschreibliches Gefühl der Freiheit in uns aus. Und wir sind so dankbar, dies erleben zu können! Wir sprachen noch lange über diese Gedanken, bevor wir uns dann schlafen legten.



Das inzwischen allzu vertraute Trommeln der Regentropfen weckte uns am nächsten Morgen auf. Da wir seit Tagen kein Internet hatten und somit den Wetterbericht nicht kannten, hofften wir jeden Tag auf Sonne. Und wurden jeden Tag enttäuscht.


Nach den ersten Kilometern mischten sich kleine Hagelkörner unter die Regentropfen. Noch dazu hatten wir Gegenwind und bekamen alles frontal ab.


Bevor wir die Låddejåhkå erreichten, mussten wir den gleichnamigen Fluss über eine wackelige Hängebrücke überqueren. Türkise Wassermassen donnerten unter uns den Hang hinab. Wir blieben eine Zeit lang auf der Brücke stehen und betrachteten die unzähligen Strudel und Stromschnellen unter uns. Das Wasser strahlte so eine gewaltige Kraft aus.




An der Hütte angekommen, heizte uns die nette Hüttenwartin gleich den Trockenraum ein. In der großen Küche unterhielten wir uns noch länger mit ihr. Seit vier Jahren verbrachte sie jeden Sommer 2,5 Monate allein hier oben. Sie erzählte uns, dass es oft nicht leicht ist und man sich ein bisschen verschließen muss um nicht dauernd Heimweh zu haben. Und dass sie vor allem auch gutes Essen vermisst.


Wir erfuhren, dass das Fjell normalerweise schon viel herbstlicher verfärbt sein müsste, aber dass die Nächte noch nicht kalt genug waren. Dafür wären die Tage schon viel kälter als üblich. Und sie erzählte uns von einem Café am Bootsanleger des Akkajaure, das seitdem unser Lichtblick war.




Nachdem wir das kleine Hüttendorf hinter uns gelassen haben, ging’s erstmal steil den Berg hinauf zur nächsten Hochebene. Dort angekommen, konnten wir wieder gemütlich einem Bretterweg folgen.




Ein Regenbogen zeigte uns, dass sich irgendwo die Sonne versteckte. Und auf den letzten Kilometern hatten wir dann Begleitung, die wir schon lange nicht mehr hatten: Unsere Schatten wanderten die restliche Strecke mit uns gemeinsam :)







Unser Zelt stellten wir neben einem kleinen Bach auf. Heute war der erste Abend seit langem, an dem wir ein kurzes, aber schönes Abendrot hatten. Und wie heißt es so schön: Abendrot - Schönwetterbot!


Die ganze Nacht haben wir dann nur mit Frieren und weniger mit Schlafen verbracht - es hatte das erste Mal auf unserer Tour Minusgrade. Am Morgen war sogar das Wasser in unseren Trinkflaschen gefroren.


Doch die Redewendung hatte Wort gehalten: Der Himmel war strahlend blau und die Sonne stand schon in den Startlöchern.



Als würde die Sonne unsere Akkus aufladen, hatten wir heute viel mehr Energie. Die 10 Kilometer zur Gisuris-Hütte vergingen wie im Flug. Wir wanderten über grüne Hügel und durch viele kleine Birken, deren Stämme weiß in der Sonne leuchteten. In der Ferne entdeckten wir ein paar hohe Berge, deren Gipfel frisch angezuckert waren. Dann hatte es wohl tatsächlich schon geschneit in den höheren Lagen.






Auf dem Weg malten wir uns mal wieder aus, was wir uns alles leckeres im Hüttenkiosk zum Mittagessen kaufen würden. Nachdem die Hütte gestern nichts mehr hatte, waren unsere Hoffnungen heute groß.


Doch als wir an der Gisuris ankamen, fanden wir an der Tür des Hüttenwarts einen Zettel, dass er erst morgen wieder hier wäre. Ohne Hüttenwart auch kein Kiosk. So ein Mist - langsam ging uns das Essen aus. Für morgen hätten wir weder Frühstück noch Mittagessen. Also müssten wir es morgen unbedingt bis zur STF-Hütte Ritsem schaffen. Dort soll es einen kleinen Shop geben.


Wir genossen auf einer Holzbank noch kurz die Sonne, dann stiegen wir den Weg hinter der Hütte weiter nach oben.