NZ - Etappe 4: Lewis Pass, Rainbow Trail, Great Taste Trail (Teil 1)
Aktualisiert: 7. März
Diese Etappe fing für uns leider nicht so gut an. Die ganze Nacht über haben wir kaum geschlafen, da wir uns beide den Magen verdorben hatten. Sowas ist natürlich noch viel spaßiger, wenn das Sanitärgebäude komplett am anderen Ende des Campingplatzes steht und es die ganze Nacht wie aus Eimern schüttet…
Dann ging auch noch in der selben Nacht bei Flo’s Isomatte ständig die Luft aus und wir mussten am nächsten Morgen erst mal versuchen, in dem kleinen Waschbecken irgendwie das Loch zu finden. Zum Glück wurden wir fündig und konnten es flicken.

Dann haben wir uns noch mit einer anderen Radfahrerin verquatscht, so dass es Mittag war, bis wir vom Campingplatz los kamen. Es war extrem schwül und die Luftfeuchtigkeit lag weiterhin bei 100%. Wir konnten gar nicht so viel trinken wie wir schwitzten.
Die Landschaft war ziemlich eintönig und die Strecke zog sich. Wir fuhren vor allem durch landwirtschaftlich genutzte Gebiete und kamen immer wieder an großen Kuhweiden vorbei.



Endlich erreichten wir den kleinen Ort Ikamatua. Er bestand eigentlich nur aus ein paar Bauernhöfen, einem winzigen Supermarkt und einem kleinen Hotel, bei dem man auch campen konnte. Wir hatten online schon gesehen, dass der Platz komplett ausgebucht war und hatten uns gewundert, was so viele Leute in diesen kleinen unscheinbaren Ort zog. Das erfuhren wir dann, als wir nach einem Zeltplatz fragten: Heute fand hier die jährliche Speed Shearing Competition statt. Sie erwähnten nur nebenbei, dass es etwas lauter werden könnte ... Das das eine ziemliche Untertreibung war, sollten wir dann später feststellen.
Es dauerte nicht lange, dann war unser Zelt von ungefähr 50 Autos eingeparkt. Ein großer doppelstockiger Lastwagen voll beladen mit Schafen fuhr auf das Gelände und kurz darauf ging der Contest dann los.


Ein Schaf nach dem anderen wurde mit laufender Stoppuhr geschert. Ein Moderator kommentierte das Geschehen über eine viel zu laute Lautsprecheranlage und das Publikum jubelte und feuerte die Teilnehmer lautstark an. Die Musik wurde immer lauter gedreht, je später es wurde und die Zuschauer hatten inzwischen so viel Bier intus, dass nur noch geschrien wurde. Die Regenschauer taten der Partystimmung auch keinen Abbruch. Wir fühlten uns in unserem kleinen Zelt mit den wummernden Bässen und den ganzen Betrunkenen als hätte man uns mitten auf ein Festivalgelände gestellt. So gerne wir Festivals mögen, heute wollten wir einfach nur schlafen. Doch weder Ohropax noch Kopfhörer mit Noise Cancelling kamen gegen die Lautstärke an. Wir konnten uns gar nicht vorstellen, wie es den Schafen gehen musste, die immer noch in dem Laster direkt neben der Bühne eingesperrt waren und dort auch noch die ganze Nacht über bleiben mussten. Um vier Uhr morgens endete das Spektakel dann endlich.
Am nächsten Morgen fühlten wir uns, als wären wir es gewesen, die gestern literweise Bier getrunken hatten. Wir waren komplett gerädert. Unseren Campingnachbarn im Wohnmobil ging es ähnlich, sie waren wohl ebenfalls ungeplant in diesen Contest geraten. Sie brachten uns zwei Tassen Kaffee vorbei und wir tauschten uns ein bisschen aus. Als wir aufbrechen wollten, gaben sie uns einen Zettel mit ihrer Telefonnummer mit. Sollten wir durch Blenheim kommen, sollten wir uns melden, dann würden wir ein weiches Bett und eine heiße Dusche bekommen. Wir waren gerührt. Wir kannten die beiden erst seit ein paar Minuten und sie luden uns gleich zu sich nach Hause ein. Solche Begegnungen machen das Reisen immer erst zu etwas Besonderem!
Unser Ziel für heute war die alte Bergbau- und Goldgräberstadt Reefton. Sie wird auch als ‚The Town of Light‘ bezeichnet, da sie die erste Stadt auf der kompletten südlichen Hemisphäre war, die 1888 eine elektrische Straßenbeleuchtung bekam. Zahlreiche Gebäude entlang des Broadway sind noch komplett im historischen Stil erhalten. Und auch eine alte Eisenbahnlock kann man sich ansehen.





Als wir gerade einen Kaffeestop im ,The Broadway Tearooms' machten, kamen uns drei bekannte Gesichter entgegen. Sie haben uns auch entdeckt und kamen zu uns rüber. Wir haben die deutsche Familie, die mit ihrem kleinen Sohn gerade auf Elternzeitreise ist, in Ranfurly kennen gelernt. Was für ein schöner Zufall, dass wir uns jetzt nochmal wieder getroffen haben.
Dann machten wir uns auf den Weg zu unserem Guesthouse für heute: The Old Nurses Home Guesthouse. Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um ein altes Schwesternwohnheim aus 1949, das teilweise auch noch die alte Einrichtung enthält. Auch ein paar medizinische Gegenstände und eine Schwesternuniform aus der Zeit waren ausgestellt.

Nachdem es den ganzen Nachmittag und die ganze Nacht durchgeregnet hatte, gab es am Morgen, als wir losfuhren, sogar ein kurzes trockenes Zeitfenster. Das hielt aber leider auch nur eine halbe Stunde an. Dann regnete es den restlichen Tag wieder durch. Immerhin war es heute normaler Regen und kein Starkregen mehr.
Es regnete jetzt schon seit 9 Tagen jeden Tag. Wir können uns gerade beim besten Willen nicht vorstellen, wie wir das in Norwegen ganze 39 Tage ausgehalten haben…
Aber es gibt Hoffnung. Wenn der Wetterbericht stimmt, sollte es morgen besser werden.
Lewis Pass
Die Straße führte wieder hauptsächlich durch Wald. Aber hin und wieder gaben die Bäume den Blick auf einen schönen Fluss frei.



Überall lagen uns Horden von Sandflies auf der Lauer. Sobald wir nur kurz stehen blieben, gingen sie zum Angriff über. Gut, dass wir sowieso unsere Regenkleidung an hatten, da kamen sie wenigstens nicht durch.
Insgesamt 1200 Höhenmeter wollten heute überwunden werden. Den Großteil davon machte der Lewis Pass aus. Er schlängelte sich durch dicht bewaldete hohe Berge hindurch bis auf 907 Meter. Die Wolken hingen tief und umhüllten die Berge, was dem Bild etwas mystisches verpasste.





Etwa vier Kilometer später erreichten wir den Deer Valley DOC-Campsite. Direkt neben einem rauschenden Bach stellten wir unser Zelt auf. Da kamen direkt ein paar Norwegen-Gefühle hoch ;)

Aber sofort stürzten sich die Sandflies wieder auf uns. Kochen ging nur mit Kopfnetz und gegessen haben wir dann lieber im Zelt. Als würden sie nur darauf warten, dass wir wieder herauskamen, hingen sie dann zu hunderten an unserer Zeltplane.


Morgens füllten wir im Fluss noch unsere Wasserflaschen auf. Da unser Steripen leider auf tragische Weise zu Bruch ging, haben wir uns als Ersatz einen Wasserfilter gekauft.


Das Wetterbericht stimmte und es war heute zum ersten Mal wieder richtig schön. Wir freuten uns riesig darauf, mal wieder bei Sonnenschein unterwegs zu sein. Schon nach kurzer Zeit ließen wir den Wald hinter uns und zu beiden Seiten der Straße öffnete sich die Sicht auf eine atemberaubende Landschaft! Hügelige Gebirgsketten, türkisblaue Flüsse, wunderschöne Täler.






Die Strecke war ziemlich anstrengend mit vielen steilen Anstiegen. Auch der Verkehr war wieder mehr geworden, weil die Straße auch nach Christchurch führt. Aber die Ausblicke entschädigten uns jedes Mal.
Nach der Hälfte machten wir eine kurze Pause und genossen die Sonnenstrahlen auf unserer Haut. Das tat soo gut! Und alles auch noch ohne Sandflies - ein perfekter Tag :)

Wir fuhren immer weiter am Waiau Uwha River entlang, bis wir dann links nach Hanmer Springs abbogen.


Wir holten uns im Supermarkt noch eine Kleinigkeit zu essen und checkten dann auf dem Campingplatz ein.
Am nächsten Tag wollten wir uns nach einem leckeren Frühstück im Café die Thermalbecken von Hanmer Springs ansehen. Es war noch ziemlich kühl morgens, so dass die 37-40°C warmen Becken richtig angenehm waren. Auch unsere verkaterten Muskeln freuten sich über die wohltuende Wärme.



Abends besorgten wir dann noch Proviant für die nächsten drei Tage, da es auf unserer geplanten Strecke ab hier keine Resupply-Möglichkeiten gab.
Rainbow Trail
Bevor es dann am nächsten Tag losging, unterhielten wir uns beim Frühstück noch mit einem Te Araroa-Wanderer, der gar nicht mehr aufhörte zu erzählen. Als er unsere Fahrräder sah, wurden wir wieder einmal darüber belehrt, dass unsere Ausrüstung nicht gut genug sei für so eine lange Tour. Er hätte sicherlich keine Mountainbike-Reifen aufgezogen, würde sicher nicht mit Rucksack fahren und andere Bikepacking-Taschen hätte er sich auch gekauft. Dass wir für alles unsere Gründe hatten und super zufrieden mit unserer Ausrüstung sind, wollte er gar nicht hören und erzählte stattdessen weiter von seinem eigenen Fahrrad… Solche Begegnungen hatten wir jetzt schon öfter. Erst gestern im Café hatten wir beobachtet, wie sich eine Gruppe Fahrradfahrer über unsere Räder und unsere Pedale lustig machte. Natürlich hätten wir viel mehr Geld für alles ausgeben können, dann wäre unsere Reise aber deutlich kürzer geworden und für uns stand im Vordergrund, einfach eine gute Zeit zu haben. Und das klappte bisher auch sehr gut mit Rädern, die keine tausende Euros gekostet haben :)
Der gleich nach Hanmer Springs beginnende steile Anstieg ließ uns den Ärger über die ungefragte Meinung dann aber schnell wieder vergessen.
In Serpentinen zog sich der Weg durch den Wald 600 Höhenmeter auf sieben Kilometer nach oben. Als wir die Bäume hinter uns ließen, konnten wir unter uns das Tal erkennen.



Auf dem weiteren Weg ging es dann nur noch leicht bergauf. Auf einer groben Gravelroad fuhren wir durch eine schöne Hochebene mit Bergen rund um uns herum. Leider war fast die gesamte Strecke von Wellblech-Rillen durchzogen, so dass wir ordentlich durchgerüttelt wurden.




Nach etwa 30 Kilometern kamen wir an der Fowlers Hut vorbei und wir beschlossen, dass es Zeit für unsere Mittagspause war. Ein paar holländische Te Araroa Wanderer waren bereits dort. Wir warfen einen Blick hinein, machten es uns dann aber doch lieber im Schatten vor der Hütte bequem. Was Gemütlichkeit angeht, kommen sie nicht annähernd an die norwegischen Wanderhütten heran. Außer einem Tisch mit Gästebuch und einem Kamin gab es nichts in der Hütte und es roch nach kaltem Rauch.




Danach fuhren wir weiter am Waiau Toa Clarence River entlang. Berge reihten sich zu beiden Seiten aneinander.



Was haben wir diese Bilder vermisst! So schön die Westküste mit ihrem dichten Regenwald und den einsamen rauen Stränden war, unsere Herzen schlagen einfach höher, wenn wir inmitten von schroffen hohen Bergen stehen! :) Und es war schön, mal wieder für ein paar Tage der Zivilisation zu entkommen. Auch Netz gab es auf der gesamten Strecke nicht.

Am Ufer des Lake Tennyson stellten wir unser Zelt auf. Entlang der Strecke gibt es ein paar Spots, wo das Campen erlaubt ist. Dieser See war einer davon. Und er hätte schöner nicht sein können!


Da es recht windig war, konnten wir sogar ohne Sandflies draußen vor dem Zelt essen und noch die letzten Sonnenstrahlen bei traumhafter Aussicht genießen.


Der nächste Tag fing dann gleich wieder mit einem steilen Anstieg hinauf zum Island Saddle an. Mit 1347 m wird das der höchste Punkt unserer Fahrrad-Tour werden! Der Wind pfiff uns ganz schön um die Ohren und durch die Höhe hatte es nur 5° C. So kalte Temperaturen waren wir inzwischen gar nicht mehr gewöhnt. Der anstrengende Anstieg ließ es aber gar nicht erst so weit kommen, dass wir froren.



Ein französischer Allrad-Truck hielt etwas später neben uns an und sie fragten uns, ob sie uns unser Gepäck mit zum nächsten Campspot nehmen sollen. Da wir noch nicht wussten, wie weit wir heute fahren werden, mussten wir leider dankend ablehnen.
Die Landschaft war gigantisch. Um uns herum lagen in alle Richtungen verschiedene Gebirgszüge.

Dann war es endlich geschafft und wir konnten uns auf eine rasante Abfahrt freuen.

Danach ging es in ständigem Auf und Ab durch die wunderschöne Landschaft. Immer wieder mussten kleinere Bäche gefurtet werden. Es machte super viel Spaß heute!





Wir kamen wieder an einer kleinen Hütte vorbei und warfen kurz einen Blick hinein - für eine Pause war es noch zu früh. Dieses Mal waren noch ein paar Stockbetten mit drin.


Nach einem weiteren steilen Anstieg tat sich ein schmales Tal vor uns auf, durch das der Wairau River hindurch floss. Wir fuhren bergab und folgten dem Fluss weiter nordwärts.


Nachdem wir noch zwei weitere Bäche überquert hatten, meldete sich der Hunger. Der kalte Wind machte es aber ziemlich ungemütlich und so fiel die Mittagspause heute kurz aus.
