NZ - Etappe 6: Queen Charlotte Track, Kaikoura & Christchurch
Queen Charlotte Track
Pünktlich um 9.00 Uhr standen wir am Hafen. Die Räder wurden verladen, das Gepäck markiert und ebenfalls an Bord gebracht. Unsere Taschen werden wir erst heute Abend wieder sehen. Sie werden in der Nähe unseres Campspots an der Camp Bay Bucht abgeladen.
Die Fahrt durch den Fjord war wirklich schön. Wir waren schon so gespannt, wie die Aussicht wohl später von oben sein wird.



Eine Stunde später hoben wir die Räder wieder von Bord und es konnte losgehen. Da bei der Tour auch ein kostenloser Gepäcktransfer angeboten wurde, konnten wir den Trail ohne unsere großen Bikepacking-Taschen fahren und hatten nur leichtes Gepäck dabei.



Wie sich bald herausstellte, war das auf jeden Fall die richtige Entscheidung! Der Trail war ziemlich herausfordernd. Viele Stellen waren extrem steil und so steinig oder matschig, so dass wir einige Passagen schieben mussten. Aber er machte trotzdem richtig viel Spaß! Die meiste Zeit führte er uns durch dichten Wald.



Die Geräuschkulisse der Grillen und anderen Insekten um uns herum war im wahrsten Sinne des Wortes ohrenbetäubend! Unglaublich, was die für einen Lärm veranstalten können.
Hin und wieder hatten wir traumhafte Ausblicke auf den Fjord und die unter uns liegenden Buchten. Vom Ship Cove Saddle hatten wir eine tolle Sicht auf die Resolution Bay und die Motuara Island.



Nach dem zweiten langen Anstieg für heute erreichten wir den Tawa Saddle und mit Blick auf die Tawa Bay machten wir Mittagspause.



Dann ging es die ganzen Höhenmeter wieder nach unten und wir kamen an einer kleinen wunderschönen Bucht vorbei.


Von da an ging es immer wieder auf und ab an der Küste entlang. Hin und wieder brachten uns kleine Holz- oder Hängebrücken über Flüsse.


Um uns herum wuchsen Farne in allen Formen und Größen. Auch das zweite Wahrzeichen Neuseelands (neben den Kiwis), der Silver Fern, wuchs hier überall.

An vielen Stellen waren noch die Folgen von Erdrutschen aus dem August zu sehen. Vor einer solchen Stelle war ein „Autos-verboten“-Schild angebracht worden und wir fragten uns ernsthaft, wie ein Auto bitte bis zu dieser Stelle kommen soll?!

Nach einem langen Tag kamen wir dann schließlich an unserem DOC Campsite für heute an. Kurz mussten wir noch über einen weiteren Hügel und unser Gepäck holen, das dort am Steg abgelegt wurde. Da dieser Steg zur Punga Cove Lodge gehörte und es dort in der Rezeption einen Getränkekühlschrank gab, gönnten wir uns noch zwei kalte Bundaberg-Limos, bevor wir unser Zelt auf der anderen Seite der Bucht im Wald aufbauten. Mit einer großen Portion Couscous mit Minestrone-Suppe machten wir es uns dann erschöpft auf unseren Isomatten bequem.




Der Campsite Host meinte, mit viel Glück könne man hier in der Bucht Meeresleuchten sehen. Deshalb machten wir uns um 22.00 Uhr trotz Müdigkeit nochmal auf auf eine kleine Nachtwanderung zum Steg. Leider hatten wir kein Glück und das Meer blieb dunkel. Nur der Mondschein spiegelte sich auf der Oberfläche. Dafür sahen wir auf dem Rückweg nochmal super viele Glühwürmchen.

Die anstrengenden 900 Höhenmeter von gestern steckten uns am nächsten Morgen noch in den Knochen und unsere Beine wollten nicht so recht.
Es half aber nichts, denn der erste Anstieg fing direkt hinter dem Steg, an dem wir unser Gepäck ablieferten, an. Ziemlich steil ging es von Meereshöhe hoch zum Kenepuru Saddle. Dabei kamen wir am Totaranui Viewpoint vorbei.

Wieder ging es hauptsächlich durch Wald. Der Boden war heute nochmal um einiges matschiger als gestern und es war stellenweise eine ziemliche Rutschpartie. Vor allem an den steilen Anstiegen drehten uns öfter die Reifen durch. Aber auch so waren viele Anstiege einfach zu steil, so dass wir die Räder schieben mussten. Ich glaube, wir haben heute unsere Arme mindestens genauso viel trainiert wie unsere Beine ;)
(Die Steigung sieht auf den Fotos natürlich mal wieder nur halb so wild aus)




Die Aussichten von oben waren dann aber wieder unglaublich!



Im weiteren Verlauf des Trails hatten wir auch noch eine beeindruckende Aussicht auf die Bay of Many Coves.


Die Strecke hat uns heute ziemlich gefordert und zwischendurch waren wir teilweise nur noch genervt, weil der Weg mit dem Fahrrad oft einfach unfahrbar war. Ziemlich k.o. kamen wir dann am Torea Saddle an, von dem der Weg zu unserem Campspot abzweigte.
Den tiefsten Punkt erreichte unsere Laune dann, als wir feststellen mussten, dass der „kleine“ 1-Kilometer-Umweg (wie es die Dame beim Bootsshuttle formulierte) zu unserem Gepäck in Wirklichkeit 100 Höhenmeter steil bergab waren, die wir dann anschließend mit den vollbepackten Räder wieder bergauf mussten, um dann vom Torea Saddle aus nochmal 100 Höhenmeter wieder runter an den Strand zum DOC-Campsite zu fahren. Das Ganze dürfen wir dann morgen in umgekehrte Reihenfolge alles wieder zurück fahren, damit wir unsere Taschen wieder dorthin bringen können… Mit Gepäck ist der Trail aber auch keine Option, also Augen zu und durch.
Die Bucht, in der unser Gepäck auf einem Steg deponiert war, war dafür ziemlich schön. Das Wasser war unglaublich türkis und der Wald reichte bis an den schmalen Sandstreifen heran.


Fix und fertig und total verschwitzt kamen wir dann nach über 1000 Höhenmetern endlich am Cowshed Bay Campsite an. Wir bauten schnell das Zelt auf, damit es trocknen kann, da es vom Tau heute morgen noch komplett nass war. Dann hüpften wir ins Meer. Das Wasser war angenehm warm und die Erfrischung tat nach dem anstrengenden Tag unfassbar gut!


Am nächsten Morgen hieß es dann, unsere voll bepackten Räder den Berg wieder bis zum Torea Saddle hochzuschieben. Die Luftfeuchtigkeit hatte 98% und so waren wir nach dieser Schiebeaktion schon komplett nass geschwitzt, bevor wir überhaupt auf dem Trail gestartet waren. Dann ging es nochmal 100 Hm runter zum Steg und dann - immerhin ohne Gepäck - auch wieder hoch.
Der Trail führte dann direkt noch weiter bergauf - so steil, dass wir gleich wieder schieben mussten. Der Untergrund war noch rutschiger als die beiden Tage davor. Erst später haben wir erfahren, dass dieser Teil und auch Teile vom zweiten Tag als Grade 5 eingestuft werden. In der Beschreibung, die wir hatten, war der gesamte Trail nur mit Grade 3 bis 4 angegeben. Also auch heute wieder mehr Bizeps-Training als Radfahren.




Auch die Downhillstrecken mussten wir heute größtenteils schieben, weil es einfach zu steil und rutschig war. Zehn Kilometer und 700 Höhenmeter später erreichten wir endlich den Te Mahia Saddle und brauchten erst mal eine Pause.
Die Aussichten auf den Kenepuru Sound und die Onahau Bay waren aber auch auf dieser Etappe wieder gigantisch!



Der zweite Teil der heutigen Strecke war dann endlich gut fahrbar und machte richtig Spaß! Zuerst ging es nochmal stetig bergauf, bevor dann ein wirklich toller Downhill mit schönen Ausblicken auf den Fjord unter uns folgte. Unten angekommen erreichten wir eine wunderschöne kleine Bucht.



Ein paar Kilometer ging es dann noch relativ flach an der Küste entlang bis nach Anakiwa, von wo uns später das Shuttle Boat wieder abholte.
Wir haben es geschafft! Und unsere Räder sind immer noch in einem Stück, was uns nach den holprigen Downhills der letzten Tage fast wie ein Wunder vorkam. Auf der ersten Hälfte des Tages hätten wir nicht gedacht, dass wir es noch pünktlich zum Boot schaffen. Jetzt waren wir sogar zwei Stunden zu früh dran. Bei einem kleinen Trailer, der hier am Strand stand, holten wir uns ein eiskaltes Gingerbeer und eine Rhabarberlimonade und stießen auf den gemeisterten Trail an. Dieser Trail war definitiv der herausforderndste und anstrengendste unserer gesamten Tour!

Wir tauschten uns noch mit den anderen Mountainbikern aus, denen wir jetzt über die drei Tage immer wieder - spätestens am Campspot - begegnet sind. Auch sie fanden den Teil heute extrem anstrengend.
Da es sogar eine extra Bike-Waschanlage gab, befreiten wir unsere Räder noch gleich vom Matsch der letzten Tage, bevor wir sie dann wieder aufs Deck des Shuttleboots schoben.

Die Aussichten vom Boot aus wären wieder traumhaft gewesen, aber wir waren viel zu müde und k.o. um sie noch bewusst wahrzunehmen. Aber es war ein schönes k.o.-Gefühl. Wie wir so auf der bequemen Bank an Deck saßen, uns die Sonne ins Gesicht schien und uns der Fahrtwind leicht salzige Luft entgegen bließ, hätten wir auf der Stelle einfach einschlafen können.
In Picton angekommen, mussten wir aber erst noch zum Supermarkt, dann vier Kilometer zum Campingplatz fahren und das Zelt aufbauen, ehe wir uns endlich auf unsere Isomatten fallen lassen konnten.
Am nächsten Tag mussten wir dann langsam mal eine Entscheidung treffen, wie unsere Route weiter gehen soll. Wir haben nochmal beim DOC nachgefragt und bekamen die Antwort, dass Coromandel, Northland und East Cap derzeit immer noch nicht zu empfehlen seien und auch in der Region um Taupo gerade noch einige Bike-Trails gesperrt wären. Das wären genau die Gebiete, die wir gerne noch gesehen hätten. Auf dem Campingplatz haben wir noch mit ein paar anderen Radreisenden gesprochen, die alle gemeint haben, dass es auf der Nordinsel nicht so schön wäre zum Fahrradfahren und sie an unserer Stelle auf der Südinsel bleiben würden.
Und ein weiteres Thema kam bei uns gerade noch dazu. Ein Thema, über das auf Blogs oder Social Media nur selten gesprochen wird, das aber die meisten Langzeitreisenden irgendwann betrifft: „Reiseburnout“. Der Begriff klingt vielleicht etwas blöd, aber es ist ein Phänomen, das wir auch nach unserer NPL-Tour schon zu spüren bekommen haben und das sich nun gerade wieder anschleicht. Wir sind nun seit fast einem Jahr unterwegs und kaum zwei Tage am selben Ort. Wir merken, dass es uns langsam anstrengt, jeden Tag unser Lager abzubauen und abends wieder aufzubauen. Sich jeden Tag auf einen neuen Ort und komplett neue Begebenheiten einzustellen. Nie wirklich Privatsphäre oder einen Rückzugsort zu haben. Hinzu kommt noch, dass hier in Neuseeland überall wirklich unglaublich viel los ist und wir uns langsam nach ein bisschen Ruhe sehnen. Auch das tägliche Radfahren strengt uns gerade irgendwie an, nicht körperlich sondern eher mental. Unsere Abenteuerlust ist nicht mehr so hoch wie am Anfang unserer Reise. Wir haben inzwischen so unglaublich viel gesehen und erlebt, dass in unseren „Marmeladengläsern“ kaum mehr Platz für neue Momente und Erlebnisse ist.
Also haben wir einfach auf unser Bauchgefühl gehört.
Wir werden auf der Südinsel bleiben.
Und es erst mal etwas langsamer angehen lassen :)
So blieben wir noch einen weiteren Tag am Campingplatz und informierten uns darüber, wie wir weiterfahren können. Wir wollen unsere Umrundumg der Südinsel fertig fahren bis nach Christchurch, wo wir vor zwei Monaten gestartet sind. Von Kaikoura gibt es einen Trail bis nach Christchurch. Dorthin müssten wir aber den Bus nehmen, da der Trail von Picton nach Kaikoura gerade erst noch gebaut wird und auf dem Highway viel zu viel Verkehr ist.
Gesagt getan. Wir buchten uns ein Ticket für den Intercity morgen. Den restlichen Tag verbrachten wir bei prasselndem Regen in der Campingplatzküche.
An nächsten Tag jagte ein Starkregenschauer den nächsten und wir waren ganz froh, heute im Bus sitzen zu können statt zu radeln. Die Strecke war unfassbar schön. Sie führte durch hohe grüne, schottisch angehauchte Berge und vorbei an tollen Steilküsten und Stränden, an denen sich unzählige Robben tummelten. Der Trail muss traumhaft sein, wenn er fertig ist!
Das tolle an den Intercity-Bussen ist, dass die Busfahrer immer viele Infos zu den Gebieten durchsagen, durch die man gerade fährt. So erfuhren wir, dass die Küste hier durch das schwere Erdbeben 2016 um fünf Meter angehoben wurde und ehemaliger Meeresboden jetzt die neuen Ufer bildete.
Kurz bevor wir da waren, hielten wir plötzlich an. Der viele Regen hatte auf der Gegenfahrbahn einen kleinen Erdrutsch mit ziemlich großen Steinbrocken ausgelöst. Der Busfahrer stieg aus und einige Fahrgäste taten es ihm gleich und packten mit an, bis alle Steine weggeräumt waren, als wäre es das normalste überhaupt.
Kaikoura
Am Campingplatz angekommen waren wir super froh, noch eine Cabin ergattert zu haben. Nach 18 Nächten im
Zelt, war die Hütte eine angenehme Abwechslung - vor allem bei diesem Wetter. Es regnete den ganzen Tag sintflutartig weiter und war echt ziemlich kalt. In unsere Schlafsäcke gekuschelt beobachteten wir das graue Schauspiel draußen durch die großen Glastüren.

Am Tag darauf staunten wir nicht schlecht, als auf den Bergen ringsherum frischer Schnee lag. Jetzt machte sich der Herbst doch langsam immer deutlicher bemerkbar.

Am nächsten Tag stand eine kleine Küstenwanderung auf dem Programm. Mit den Rädern fuhren wir die fünf Kilometer bis zum Startpunkt des Tracks. Schon auf dem Weg dahin kamen wir an tollen Küstenabschnitten vorbei. Die Küste bestand aus total skurrilen mehrschichtigen Felsen, die vor dem Erdbeben noch Meeresboden waren. Wir kletterten ein bisschen auf ihnen herum, um näher ans Ufer zu kommen. Die Wellen schlugen mit einem dumpfen Knall gegen die Felsen und spritzten tausende weiße Wassertröpfchen in die Luft.





Die Wanderung führte uns dann zuerst am Ufer entlang, vorbei an einer Robbenkolonie.

